Explosionsgeschützte Fahrzeuge
und Komponenten für den Steinkohlebergbau

Sonderumbau von G-Modellen für den Einsatz im Schrägförderbergschacht Prosper-Haniel
Für den Einsatz im Steinkohlebergwerk Prosper-Haniel, in dem der weltweit erste Schrägförderbergschacht realisiert wurde, entwickelten wir ein speziell angepasstes Fahrzeugkonzept auf Basis des Mercedes-Benz G-Modells. Ziel war es, ein robustes, explosionsgeschütztes Transportfahrzeug zu schaffen, das sowohl für die Wartung des Förderbands als auch für den sicheren Personentransport innerhalb des Schachts genutzt werden konnte.
Dazu wurde das Grundfahrzeug vollständig entkernt – lediglich Fahrgestell, Rahmen und Karosserie blieben erhalten. Der ursprüngliche Antrieb wurde durch einen Saugdieselmotor des Typs OM602 ersetzt, der von uns ATEX-konform (Atmosphères Explosibles) umgebaut und für den Einsatz in explosionsgefährdeten Bereichen vorbereitet wurde. Das Fahrzeug bot Platz für bis zu vier Personen und wurde im untertägigen Betrieb als zuverlässiges Transportmittel eingesetzt.
Über einen Zeitraum von rund 35 Jahren entstanden insgesamt sieben dieser Spezialfahrzeuge, die durchgängig von unserem Unternehmen gewartet und betreut wurden. Der Einsatz dieser Fahrzeuge trug maßgeblich zur Effizienzsteigerung im Schacht bei – insbesondere bei der Instandhaltung der Fördertechnik.

Besonderheiten nach dem Umbau
Der Dieselmotor OM602 wurde für den Einsatz unter sicherheitskritischen Bedingungen im Steinkohlebergwerk umgebaut und musste dabei drei wesentliche Betriebsparameter zuverlässig einhalten. Unter ständiger Volllast und bei Dauerbetrieb durfte die maximal zulässige Wassertemperatur 98 °C, die Öltemperatur 130 °C, und die Abgastemperatur 140 °C nicht überschreiten. Die ursprüngliche Motorleistung von 85 kW wurde mechanisch und steuerungstechnisch auf 50 kW reduziert, um die Wärmeentwicklung zu begrenzen und die Einhaltung der Temperaturgrenzwerte zu gewährleisten.
Ein zentrales sicherheitstechnisches Element war das Sicherungssystem der Luftansaugung und Abgasanlage. Die Luftansaugung erfolgte über eine speziell angepasste EX-geschützte Ansaugbrücke, die mit einem sogenannten KITO-Rost – einer feinen, lamellenartigen Struktur – abgesichert war, um potenziell gefährliche Funken aus der Ansaugluft zuverlässig abzufangen. Die Temperatur der Ansaugluft wurde kontinuierlich mit entsprechender Sensorik überwacht. Zusätzlich war eine drehzahlabhängige Luftklappe integriert, die im Zusammenspiel mit der übergeordneten Steuerung, bei unzulässig hohem Luftdurchsatz automatisch schloss. Diese Klappe erfüllte zugleich die Funktion einer Notabschaltung, indem sie bei Erreichen eines definierten Drehzahllimits den Luftstrom unterbrach und so den Motor abstellte.
Die Abgasanlage bestand aus einem EX-geschützten Abgassammelrohr mit integrierter Wasserkühlung zur Reduzierung der Oberflächentemperaturen. Mehrere Sensoren erfassen die Abgastemperatur an kritischen Punkten. Bei Überschreiten der zulässigen Grenzwerte erfolgt auch hier eine sofortige Sicherheitsabschaltung des Motors. Zur thermischen Entlastung wurden zusätzlich zwei Röhrenwärmetauscher eingesetzt – einer direkt am Motor zur Unterstützung des Kühlkreislaufs, der zweite im Abgassystem zur gezielten Abkühlung des Abgasstroms. Ergänzend war die Abgasanlage mit einer Glaskugelsperre ausgestattet, die im Brandfall als Flammensperre fungierte und den Austritt von Glühpartikeln oder Funken effektiv verhinderte.
Ein weiterer sicherheitsrelevanter Aspekt war die elektische Versorgung des Fahrzeugs. Die elektrische Anlage wurde vollständig auf eine explosionsgeschützte Ausführung umgestellt. Das Fahrzeug verfügte über einen elektrischen Anlasser, Generator, Scheibenwaschpumpe sowie Scheibenwischer. Diese elektrischen Verbraucher wurden über eine eigene, sich selbst überwachende Stromversorgung betrieben. Komponenten wie der Wischermotor und die Waschpumpe waren in gekapselten Gehäusen untergebracht und gegen Zündquellenbildung abgesichert. Die Batterie verfügte über eine integrierte Sicherheitstrennschaltung und war in einem speziell konstruierten Batterietrog untergebracht, der mechanischen Schutz sowie eine sichere elektrische Isolation gewährleistete. Zudem wurden spezielle Steuergeräte in druckfesten Gehäusen zur Überwachung und Regelung der sicherheitskritischen Parameter integriert, die bei Abweichungen von den definierten Sollbereichen eine sofortige Notabschaltung herbeiführten. Zusätzlich kamen druckfeste Steuergerätegehäuse zum Einsatz, in denen Überwachungs- und Regelungseinheiten sicherheitskritische Parameter kontrollierten und im Störfall eine automatische Notabschaltung einleiteten.
Die Betriebsfähigkeit des Motors musste auch bei leicht methanhaltiger Umgebungsluft im Bergwerk gewährleitet sein. Gelangte Methan über die Ansaugluft in den Motor, führte dies zu einem Anstieg der Drehzahl und somit zu einer potenziellen Überhitzung des Systems. In solchen Fällen trat die zuvor erwähnte drehzahlabhängige Luftklappe in Funktion: Sobald die Drehzahl einen definierten Grenzwert überschritt, schloss sich die Klappe automatisch und verhinderte somit eine weitere Gasansaugung und einen kritischen Temperaturanstieg.
Zudem wurden weitere Bauteile – wie etwa die Kupplung – in einem explosionsgeschützten Gehäuse verbaut, um das Risiko einer Zündung von Gas-Luft-Gemischen durch heiße oder mechanisch beanspruchte Komponenten auszuschließen. Weitere EX-schutzrelevante Änderungen Anpassungen betrafen das Motorgehäuse, die Getriebeglocke, das Ölfiltergehäuse, das Kraftstoffeinspritzsystem, das Kühlsystem sowie weitere sicherheitsrelevante Sensoren und Aktoren.
Das Getriebe wurde auf eine reduzierte Ganganzahl von zwei Vorwärts- und einem Rückwärtsgang ausgelegt und in EX-Ausführung aufgebaut. Es verfügt über einen zuschaltbaren Allradantrieb mit Geländeuntersetzung zur Erhöhung der Traktion unter schwierigen Einsatzbedingungen. Fahrwerkseitig kamen verstärkte Stoßdämpfer und robuste Fahrwerksfedern zum Einsatz, um das zusätzliche Systemgewicht zu kompensieren und die Geländegängigkeit zu erhalten. Fahrgestell und Rahmen wurden an mehreren Stellen modifiziert, zudem wurden die Türen demontiert. Das Fahrzeug ist mit großvolumigen Geländereifen ausgestattet.
Im Innenraum befinden sich zwei Einzelsitze sowie eine Sitzbank. Alle Sitzflächen sowie das Lenkrad sind mit antistatischem, elektrisch ableitfähigem Leder bezogen, um elektrostatische Entladungen zu verhindern.
Entwicklung explosionsgeschützter Anlasser und Generatoren
Parallel zum Fahrzeugumbau entwickelten wir explosionsgeschützte Anlasser und Generatoren für verschiedene Motorentypen, die sowohl im untertägigen als auch im übertägigen Einsatz Verwendung fanden. Diese speziell konzipierten Komponenten kamen unter anderem in den für das Steinkohlebergwerk Prosper-Haniel gebauten Fahrzeugen zum Einsatz, wurden jedoch auch in zahlreichen weiteren Maschinen und Anlagen des Bergbaus integriert.
Ein besonderer Meilenstein war die Entwicklung eines elektrisch betriebenen Anlassers für explosionsgefährdete Bereiche – ein System, das zur damaligen Zeit einzigartig war. Bis dahin waren aus sicherheitstechnischen Gründen ausschließlich pneumatische oder hydraulische Anlasser zugelassen, da elektrische Komponenten als potenzielle Zündquellen galten. Diese traditionellen Systeme hatten jedoch entscheidende Nachteile: Sie machten das Starten der Motoren aufwendig und setzten eine ständige Verfügbarkeit von Druckluft oder manuellem Kraftaufwand voraus. In der Praxis führte das dazu, dass viele Maschinen auch im Leerlauf dauerhaft betrieben wurden, um den Neustart zu vermeiden – was nicht nur ineffizient, sondern auch kostenintensiv war.
Unsere elektrisch betriebenen, explosionsgeschützten Anlasser und Generatoren wurden nach intensiver Erprobung im realen Betrieb zum neuen technischen Standard. Sie ermöglichten einen sichereren, einfacheren und wirtschaftlicheren Betrieb unter Tage – und trugen dazu bei, Arbeitsprozesse spürbar zu optimieren und Betriebskosten zu senken.